Sie müssen mit einem Menschen zusammenarbeiten, der ein passiv-aggressives Verhalten an den Tag legt? Ein Psychologe gibt Tipps!
In seinem Buch „Bin ich denn der einzige Normale hier“ (Redline, bestellbar z.B. über www.amazon.de) präsentiert der Psychologe Albert J. Bernstein 101 Lösungen, wie man mit vertrackten Situationen im Büro klar kommt.
DAS SZENARIO
Janelle macht mehr Fehler als jeder andere in Ihrem Team, aber sie gesteht nie etwas ein. Irgendwie war es immer irgendjemand anders. Wenn Sie ihr eine Arbeit antragen, die sie nicht erledigen will (das erkennen Sie am Schnauben, das sie ihren Nebenhöhlenproblemen zuschreibt, oder am Augenrollen, angeblich weil sie den ganzen Tag auf den Computerbildschirm starrt), ist sie einverstanden und vergisst dann entweder den Auftrag oder ihr leuchtet nichts ein und sie macht einfach weiter mit ihrer alten Routine oder sie macht überhaupt nichts, weil sie ganz sicher ist, dass Sie die falschen Anweisungen gegeben haben.
Falls Sie ihr das ankreiden, ist sie sofort beleidigt oder sagt, dass es Ihr Fehler ist, weil Sie sich undeutlich ausgedrückt haben. Am Ende weint sie womöglich, weil Sie auf ihr herumhacken. Sie fallen jedes Mal wieder auf Janelle herein. Sie denken sich: „Ich hätte es besser wissen sollen.“ Dann bekommen Sie Kopfschmerzen – und wissen, das kommt von ihr. Janelle hätte Ihnen genauso gut gleich mit einem Knüppel auf den Kopf hauen können.
Passiv-aggressive Menschen gehören zu den nervtötendsten Mitarbeitern überhaupt. Sie scheinen niemals auf sich selber wütend zu sein, aber es macht ihnen nichts aus, andere Menschen gegen sich aufzubringen. Völlig zu Unrecht natürlich.
DIE LÖSUNG
Wie kann man mit Menschen wie Janelle zusammenarbeiten, die ihr Leben völlig ohne irgendein Bewusstsein über die eigenen Motive leben?
Zunächst müssen Sie verstehen, dass sie nicht lügt. Wenn Sie sich wie Janelle verhalten würden, müssten Sie lügen, um sich zu rechtfertigen. Janelle nicht. Die Tatsache, dass sie wütend auf Sie ist und starrsinnig gegen Sie ankämpft, liegt vielleicht für jeden anderen auf der Hand, Janelle aber sieht das nicht. Völlig unbewusst hat sie sich in zwei Teile gespalten, der eine ist Zuckerguss und Umgänglichkeit, der andere existiert einfach nicht. Daran können Worte nichts ändern. Unterlassen Sie jeden Versuch, mit ihr darüber zu sprechen. Janelle wird weinen, und Sie haben pochende Kopfschmerzen.
Seien Sie sich Ihrer Wirkung bewusst. Je mehr passiv-aggressive Menschen Sie mögen, respektieren oder fürchten, desto weniger neigen diese dazu, direkt zu sagen: „Ich bin wütend“ oder „Ich habe keine Lust“. Stattdessen werden sie einfach nicht verstehen und im besten Fall alles vergessen.
Unterlassen Sie Anweisungen, Erklärungen oder Züchtigungen. Klare, eindeutige Vorgaben sind absolut notwendig in der Zusammenarbeit mit passiv-aggressiven Menschen, erzielen aber nicht die gewünschte Wirkung. Auch eine Standpauke wirkt nicht, sondern erzeugt nur Angst und Widerwillen.
Loben Sie überschwänglich. Überhäufen Sie sie mit Lob. Das funktioniert. Die meisten passiv-aggressiven Menschen fühlen sich nicht ausreichend wertgeschätzt. Sie benötigen viel mehr Lob dafür, dass sie ihre Arbeit gut erledigen, als die meisten anderen Menschen. Rechnen Sie mindestens mit dem Doppelten von dem, was Sie selbst bräuchten (viermal so viel, wenn Sie sich einer hohen Belastbarkeit oder emotionalen Sicherheit rühmen).
Wenn Sie jetzt nicht aufpassen, zahlen Sie später drauf. Der beste Weg liegt in regelmäßigen Gesprächen. Fragen Sie danach, worüber sich andere Mitarbeiter vielleicht aufregen könnten. Janelle wird nur allzu erfreut sein, Ihnen ihre Gefühle mitzuteilen – unter dem Deckmantel, anderer Leute Meinung widerzugeben. Sie hat die Möglichkeit, Zweifel zu äußern, ohne einen großen Auftritt hinlegen zu müssen.
Passiv-aggressive Menschen richten mehr Schaden an, als sie müssten. Ihre Verhaltensweisen sind einfach gestrickt und sie reagieren gut auf Lob und Aufmerksamkeit. Das Problem liegt darin, dass ihr Verhalten einen so sehr in Rage bringen kann, dass man nicht mehr vernünftig auf sie reagiert. Sollten Sie diese Menschen zur Rede stellen wollen, würden Sie sich nur weitere Probleme aufhalsen.
Albert J. Bernstein, PhD, ist selbstständiger Psychologe, Bestsellerautor und Experte im Bereich der Konfliktlösung.
Mehr Infos: www.redline-verlag.de