Eltern-Irrtümer: Der Schrei nach der Geburt

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Mit einem Mal ist es geschafft: Das Baby ist da – aber der erste Schrei bleibt aus! Grund zur Sorge oder ist der Glaube an die Notwendigkeit des ersten Schreis nur ein Mythos?

Schreiendes Neugeborenes im Arm der Mutter.

Wenn es um ihren Nachwuchs geht, ist Eltern keine Mühe zu groß. Sie sind hochmotiviert und wollen unbedingt alles richtig machen, um ihrem Kind einen möglichst perfekten Start ins Leben zu ermöglichen. Doch immer wieder mischen sich unter ihr Wissen auch populäre Halbwahrheiten. Dabei handelt es sich zum Teil schlicht um gängige Ammenmärchen, zum Teil aber auch um Wissen, das nicht mehr aktuell ist, in unseren Köpfen aber immer noch herumspukt. Zu diesen veralteten Theorien und Praktiken gehört auch der erste Schrei eines Babys, der direkt nach der Geburt durch einen Klaps auf den Po ausgelöst wird.

Hier kommt der Mythos her

Früher war es tatsächlich gängige Praxis, einem Neugeborenen nach der Geburt – an den Füßen baumelnd – einen kleinen Klaps zu geben. „Das sollte unseren ersten Schrei beschleunigen – und das tat es auch“, erklärt Kinderarzt Dr. Martin Beck in seinem Buch „Schreien stärkt die Lungen und 99 andere Elternirrtümer“. Es wurde so viel Wert auf diesen ersten Schrei gelegt, weil die Neugeborenen dann automatisch nach Luft schnappen mussten. „Das heißt: Das Baby beginnt mit seinem ersten Schrei zu atmen, die Lunge entfaltet sich, und der Kreislauf stellt sich auf das Leben außerhalb des Mutterleibs um.“  Ein Kind galt somit als lebenstauglich und gesund. Kein Wunder also, dass das Ausbleiben des ersten Schreis für große Beunruhigung sorgte.

Alter Glaube, neue Technik

Mittlerweile wissen Ärzte allerdings: Der Klaps auf den Po ist sinnlos. Ihren ersten Atemzug nehmen Babys auch so. Heute werden Neugeborene häufig direkt auf den Bauch der Mutter gelegt, wo sie ganz ungestört mit dem Atmen beginnen können. Um festzustellen, ob ein Kind nach der Geburt Atmungs- oder Kreislaufprobleme hat, nutzen Hebammen und Geburtshelfer heute die sogenannten Apgar-Werte – benannt nach der US-amerikanischen Anästhesistin Virginia Apgar. „Die Geburtshelfer vergeben Punkte für Aussehen, Puls, Atmung, Reflexe und Muskelspannung des Babys“, sagt Beck. Bis zu zehn Punkte werden nach einer, drei, fünf und zehn Lebensminuten vergeben. Dabei sagt laut Beck nur der 10-Minuten-Wert etwas über eventuellen Sauerstoffmangel unter der Geburt aus. „Das Kind hat also zehn Minuten Zeit, um ,anzukommen’“. Der Wert sollte bei pünktlich geborenen Kindern zwischen sieben und zehn liegen.

100 Mythen und Missverständnisse

Weitere Elternirrtümer stellt Dr. Martin Beck in seinem Buch „Schreien stärkt die Lungen und 99 andere Elternirrtümer“ vor. Auf 176 Seiten klärt der Vater und praktizierende Kinderarzt die 100 populärsten Mythen und Missverständnisse rund um die Themen Pflege, Entwicklung und Krankheiten von Kindern vom Baby- bis zum Grundschulalter auf und gibt Tipps und Anregungen für den Alltag. Das Buch ist bei GU erschienen und für 14,99 Euro zum Beispiel bei Amazon erhältlich.


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