Mein Beziehungs-Ich: Experten-Interview zur Selbstanalyse

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Kennen Sie Ihr Beziehungs-Ich? Nein? Dann wird’s höchste Zeit, es kennenzulernen. Ein Psychologe erklärt, was es damit auf sich hat.

Kennen Sie Ihr Beziehungs-Ich? Nein? Dann wird es höchste Zeit, es kennenzulernen. Ein Psychologe erklärt, was es damit auf sich hat.

Direkt nach einer gescheiterten Beziehung fällt es oft schwer, die Gründe für die Trennung zu analysieren oder Fehler bei sich selbst zu suchen. Trotzdem sollte man es versuchen, denn diese Phase bietet die Chance, sich klar darüber zu werden, welche Wünsche man an eine neue Liebe hat und welche Stärken und Schwächen man in eine neue Partnerschaft mitbringt.

Aber auch für Menschen, die gerade mitten in einer Beziehung stecken, ist der Blick auf die eigene Partnerschafts-Persönlichkeit eine spannende und hilfreiche Sache.

fem.com hat den Diplom-Psychologen Markus Ernst, Coach bei der Online-Partnervermittlung Parship.de, gefragt, wie man sein Beziehungs-Ich ergründet.

Herr Ernst, was genau ist das Beziehungs-Ich?

„Darunter versteht man in der Psychologie den Teil der Persönlichkeit, der in zwischenmenschlichen Beziehungen zum Tragen kommt. Interessanterweise bestehen zwischen der Gesamtpersönlichkeit und dem Beziehungs-Ich eines Menschen häufig Unterschiede. Mit anderen Worten: Eine durchsetzungsfähige, starke Geschäftsfrau kann in einer Beziehung eine anlehnungsbedürftige, zurückhaltende Partnerin sein.“

Tickt das Beziehungs-Ich in jeder meiner Partnerschaften gleich?

„Sicherlich ist es so, dass grundlegende Ausprägungen des Beziehungs-Ichs relativ überdauernd sind und damit auch unabhängig vom jeweiligen Partner. Ein Beispiel: Wenn meine Beziehungspersönlichkeit durch einen starken Wunsch nach Partnernähe geprägt ist, wird sich das von Partnerschaft zu Partnerschaft nicht grundlegend verändern. Aber das Beziehungs-Ich entwickelt sich im Laufe der Zeit weiter. Bindungserlebnisse mit den Eltern und Freunden, durchlebte Partnerschaften: Durch all diese Erfahrungen wird es beeinflusst. Vergleicht man also das Profil seines Beziehungs-Ichs mit dem von vor zehn Jahren, so wird es keine exakte Übereinstimmung mehr geben.“

Wie wichtig ist das Beziehungs-Ich für das Funktionieren einer Partnerschaft?

„Sehr wichtig. Es gibt natürlich noch weitere Aspekte, die für das Entstehen und Funktionieren einer Partnerschaft wichtig sind. Ob aber eine Beziehung auf Dauer befriedigend und glücklich sein kann, hängt letztlich – so unromantisch es klingen mag – von der Kompatibilität der aufeinandertreffenden Beziehungs-Persönlichkeiten ab.“

Wie finde ich heraus, wie es um mein Beziehungs-Ich bestellt ist?

„Eine gute Möglichkeit ist, Freunde, die einen Einblick in das Beziehungsleben haben, zu befragen. Ihnen sind sicherlich schon typische Verhaltensweisen aufgefallen. Zudem kann man natürlich auch selbst reflektieren, ob bestimmte Muster im Beziehungsleben immer wiederkehren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, einen Persönlichkeitstest zu machen, wie ihn beispielsweise wissenschaftlich fundierte Online-Partneragenturen kostenlos anbieten.“

Was kann ich tun, wenn mein Beziehungs-Ich auf meine Partnerschaften zerstörerisch wirkt? Muss ich dann eine Therapie machen?

„Zunächst ist es wichtig herauszufinden, ob die Schwierigkeiten in den Partnerschaften tatsächlich am eigenen Beziehungs-Ich festzumachen sind. Wenn ja, ist die Analyse der eigenen Beziehungs-Persönlichkeit schon ein wichtiger erster Schritt. Hat man das Gefühl, die tieferliegenden Ursachen für das eigene Verhalten nicht verstehen und bearbeiten zu können, kann es tatsächlich sinnvoll sein, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“

Welche Beziehungs-Persönlichkeiten passen besonders gut zusammen?

„Das lässt sich so nicht pauschal sagen. Dieser sehr komplexe Persönlichkeitsanteil besteht aus vielen Dimensionen, die ein bestimmtes Profil ergeben. Aus diesem Profil können nun einzelne Aspekte herausgegriffen und mit denen anderer Personen verglichen werden. Eine Person, die beispielsweise innerhalb einer Partnerschaft auf Frustrationen mit Rückzug reagiert, wird wohl nicht dauerhaft mit einem Menschen glücklich werden, bei dem dieses Persönlichkeitsmerkmal ähnlich ausgeprägt ist.“


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